Haushaltsrede 2025/26 - Die Kommune als Maschinenraum der Demokratie


Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dirk Breves, liebe Kolleginnen und Kollegen des Rates,
sehr geehrte Gäste, meine Damen und Herren,
Zum Einstieg in den gerade aktuellen Tagesordnungspunkt möchte ich mit folgendem Nachdenkens wertem Satz beginnen:
„Die Kommunen sind der Maschinenraum der Demokratie“.
Ich glaube dieser Satz des Philosophen Jürgen Wiebicke beschreibt unsere kommunale Situation sehr gut. Die Menschen in unserer Stadt, der Rat, die Verwaltung, wir sind es, die das Schiff am Laufen halten, die dafür sorgen, dass das Leben und das Zusammenleben hier vor Ort funktionieren. Aber wir bestimmen den Kurs unseres Schiffs nicht allein. Wohin die Reise geht, welche Energie für den Antrieb genutzt werden soll, wie viele zusätzliche Passagiere an Bord genommen werden müssen und wie die Ausstattung des Schiffs auf den verschiedenen Decks beschaffen sein muss, das alles wird, maßgeblich von Bund und Land beeinflusst. Und diese Entscheidungsebene passt mit der Lebens Wirklichkeit vor Ort nicht überein. So viel als kleiner Gedankenausflug und Vorspann zum heutigen Nachmittag. Ich komme nun zum Tagesordnungspunkt A 6/ A 7 der heutigen 19. Ratssitzung:
Erlass der Haushaltssatzung einschließlich Haushaltsplan und Anlagen sowie den Stellenplan für die Haushaltsjahre 2025 und 2026.
Vor uns auf dem Tisch liegt seit der offiziellen Einbringung am 31. Januar 2025 im Ratsinformationssystem auf rund 500 Seiten wiederum ein Entwurf zum Doppel-Haushalt 2025/2026 nebst Anlagen der Stadt Petershagen zur Verabschiedung am heutigen Tage, auf denen sich sowohl die Vergangenheit als auch die Gegenwart und Zukunft unserer Stadt Petershagen in Zahlen und Grafiken sehr anschaulich widerspiegelt. Ihn zu verabschieden ist eine Aufgabe, die angesichts der aktuellen Finanzlage vieler Kommunen, so auch Petershagen alles andere als leichtfällt.
Mit dieser Aussage kann jede Haushaltsrede der Gegenwart und wohl auch der Zukunft eingeläutet werden. Und das ist – um es kurz vorwegzunehmen – das eigentliche Problem. Nicht nur weil es stimmt, sondern auch weil darin bereits der Kern einer Art selbst erfüllenden Prophezeiung liegt, die da lautet: „Besser wird´s ab hier auch nicht mehr“.
Ich bin jetzt 33 Jahre für die FDP im Rat der Stadt Petershagen, seit 26 Jahren Fraktionsvorsitzender der FDP und habe unter Berücksichtigung der Doppelhaushalte der letzten Zeit genau 20 Mal die Haushaltsrede gehalten. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass ich vor dem Hintergrund eines Fehlbetrages von 9,3 Mio. € in 25 bzw. 9,8 Mio. € in 26 eine Rede gehalten habe. Das ist schon eine gewaltige Hausnummer für Petershagen. Das wir hier die 10 Mio. Marke nicht überschritten haben, verdanken wir jedoch zwei Maßnahmen:
Die erste Maßnahme ist auf einen Beschluss aus der letzten Ratssitzung des Jahres 2024 zurückzuführen.
Die Anpassung der kommunalen Hebesätze für die Grundsteuer an die neue Grundsteuerreform. Ziel der Grundsteuerreform war es ja für mehr Gerechtigkeit unter gleichen Häusern und Grundstücken, insbesondere auch zwischen Ost und West zu sorgen und die bisherigen Bewertungsverfahren zu vereinfachen. Die Reform sollte „aufkommensneutral“ bleiben. Die Grundsteuer ist bekanntlich eine Steuereinnahme die 1 zu 1 in die Kasse der Kommune fließt. Diese „Aufkommensneutralität“ ist von manchen Bürgern leider falsch verstanden worden und hat zu Irritationen mancherorts geführt. Das bedeutet vielmehr, dass die jährlichen Steuereinnahmen der Kommunen dadurch insgesamt nicht sinken oder steigen sollten. Bei unseren Hebesätzen (Grundsteuer A von 330 und B von 550) hätte das für das Jahr 2025, also für unseren vorliegenden Haushaltsplan ein Minus von rd. 1,3 Mio. bedeutet. Aktuell liegen sie nun bei 338 bzw. 774. Allein diese beiden Maßnahmen hätten einen zusätzlichen Fehlbetrag von 2,7 Mio. bedeutet.
Die zweite Maßnahme ist auf das 3. NKF-Weiterentwicklungsgesetz zurückzuführen.
Das Land erlaubt den Kommunen sogenannte globale Minderaufwendungen einzuplanen, um so in der Haushaltsplanung einen Fehlbedarf zu minimieren. Für die Stadt Petershagen sind das immerhin 1,4 Mio. €. Das ist aber kein lauwarmer Regen vom Land in Euro, sondern diese Summe ist global bei den Aufwendungen einzusparen. Hier sind also die Fachämter gefordert entsprechende Ausgaben zu minimieren. Dann läge der Fehlbetrag nicht bei 9,3 Mio., sondern bei 12 Mio. €, unvorstellbar!
So steht also jetzt aktuell eine einstellige Zahl vor dem Komma die aber mit sehr viel Hoffnung verbunden ist. Unter Berücksichtigung der von mir aufgeführten Maßnahmen präsentiert sich das aktuelle Zahlenwerk aber so, das trotzdem ein struktureller Haushaltsausgleich nicht erreicht wird. Dagegen kann ein fiktiver Haushaltsausgleich durch die Inanspruchnahme, der in den vergangenen Jahren gebildeten Ausgleichrücklage erreicht werden. Diese ist dann allerdings vollständig aufgebraucht.
Die Fehlbedarfe in der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung werden in die drei folgenden Haushaltsjahre 2027, 2028 und 2029 als Verlust vorgetragen – ich nenne es mal: „Eine Wette auf die Zukunft“. Insofern ist eine Inanspruchnahme der Allgemeinen Rücklage zum Ausgleich nicht erforderlich und ein pflichtiges Haushaltssicherungskonzept (HSK) kann damit vermieden werden.
ALSO: Noch kein Haushaltssicherungskonzept (HSK)
Wir behalten damit in der Stadt Petershagen das „Heft des Handelns“ gewissermaßen in der eigenen Hand. Dieser Verlustvortrag ist von der Aufsichtsbehörde zu genehmigen. Es sind im Jahr 2025 und 2026 Kreditaufnahmen für Investitionen in Höhe von 12,3 Mio. Euro vorgesehen. Liquiditätskredite in Höhe von 5 Mio. Euro im Jahr 2026 sind erforderlich, um die Zahlungsfähigkeit zu erhalten. HSK also im Augenblick vermieden, ja aber es ist auch mit viel Hoffnung verbunden. Hoffnung, dass das Jahresergebnis, denn doch besser ausfällt als die Jahresprognose. Wenn man einmal die Jahresabschlüsse der letzten 15 Jahre betrachtet, so war das der Fall.
ABER: Gilt das auch für die Zukunft?
Es ist zumindest ein kleiner Strohhalm, den wir bei aller Skepsis doch vor Augen haben sollten. Für den Kämmerer jedenfalls ist im von ihm und seinen Mitarbeitern erstellten Haushaltsplanentwurf kein Millimeter Spielraum für zusätzliche Ausgaben, die den Ergebnishaushalt belasten. Das könnte dann tatsächlich in ein vorzeitiges HSK führen. Für den Bürgermeister ist es auf die guten Abschlüsse der vergangenen Jahre zurückzuführen, dass man einen hohen Betrag auf die hohe Kante legen konnte, der es erlaubte, ohne HSK auszukommen. Aber dieser Betrag ist auch nicht endlos.
Die doch prekäre Haushaltssituation ist allen Fraktionen in den Beratungen der Fachausschüsse vom Kämmerer sehr deutlich vor Augen geführt worden, sodass sich kein „Wünsch dir was Konzert“ vor den anstehenden Kommunalwahlen am 14. September entwickelte. Wer hier nun schon auf das Sondervermögen des Bundes spekuliert, dem muss man den Wind aus den Segeln nehmen: Wenn denn etwas kommt, wirkt es sich nicht auf den Ergebnisplan aus. Natürlich ist der Haushalt noch mit einigen Unbekannten behaftet, um nur zwei Beispiele zu nennen:
Wie sicher ist bei den Einnahmen der Ansatz für die Gewerbesteuer? 12 Mio. sind eine gewagte Prognose.
Wie entwickelt sich bei den Ausgaben der Ansatz für die Kreisumlage?
Unsere gesamten Steuereinnahmen gehen als Ausgaben an den Kreis (allgemeine und differenzierte Kreisumlage). Nach dieser mehr allgemeinen Betrachtung komme ich noch zu zwei, drei weiteren Gedanken, die ich in meiner Haushaltsrede unter die Lupe nehmen möchte: Ich möchte dabei heute nur die Investitionen ein wenig unter die Lupe nehmen, wohl wissend, dass andere Bereiche – wie z.B. die allgemeine und differenzierte Kreisumlage, die in Summe unsere gesamten Steuereinnahmen (Grundsteuer und Gewerbesteuer) verschlingt, ferner die Personalaufwendungen, die Schülerbeförderungskosten, die Krankenhausumlage, die stockende Glasfaseranbindung, und einiges mehr - auch zu erwähnen wären, aber entsprechende Betrachtungen meinem Zeitlimit geopfert werden mussten.
1. Zur Feuerwehr
Das Thema Feuerwehr zog sich in unserer Fraktion durch alle Sitzungen diesen 1. Quartals. Ich denke mal, hier treffen auf der einen Seite die berechtigten Anliegen der Feuerwehr und auf der anderen Seite die finanzielle Realität der Stadt aufeinander.
Man achte auf meine Wortwahl: Ich sage nicht „Wünsche“. Da ist einmal die Strukturreform mit dem Umgang der Neubaustandorte bzw. der Ertüchtigung der vorerst noch benötigten Bestandsgebäude für die Wehren und natürlich der Ausstattung der Kameradinnen und Kameraden. Wir können die eklatanten Versäumnisse der Vergangenheit nicht mit einem Schlag aufholen, dass erlaubt unsere finanzielle Lage nicht. Wir haben ein Investitionsvolumen von 12,5 Mio. € für die nächsten fünf Jahre vorgesehen, das sind 26 % der Gesamtinvestitionen der Stadt für diesen Zeitraum. Da sind dann auch Pflichtaufgaben der Kommune dabei. Die Budgetierung der Haushaltsansätze für 2025 und 2026 mit 3,4 Mio. bzw.2,7 Mio. € gibt der Feuerwehr die Möglichkeit diese Mittel bedarfs- und zielgerichtet der Verwendung zuzuführen. Wichtig für uns ist, dass man im Dialog miteinander – Feuerwehr, Politik und Verwaltung – zu einer gemeinsamen und vertretbaren Lösung findet, die den optimalen Schutz für unsere Bürgerinnen und Bürger bietet. Denn jedem muss bewusst sein, auch ich könnte einmal die Dienste der Feuerwehr in Anspruch nehmen müssen.
2. Zum Straßenbauprogramm
Auf die erfolgte Debatte im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) will ich an dieser Stelle nicht eingehen, die Fortsetzung erfolgt sicherlich im Tagesordnungspunkt 12. Die etwas Älteren von uns, die schon in den 90iger Jahren im Rat waren, werden sich erinnern: für den investiven Straßenbau standen damals 400 000 DM zur Verfügung, für den konsumtiven Bereich waren es 200 000 DM. Ja, wir sind jetzt über 25 Jahre weiter. Die Straßen und Wege sind damals vor 65 – 70 Jahren im Rahmen des Grünen Planes angelegt worden und für den damaligen Verkehr und nicht für den heutigen gebaut. Bedingt dadurch, schreitet der Verfall unaufhaltsam fort. Jetzt ist es 1 Mio. Euro für den investiven Bereich – 5-mal so viel – und ich sage mal, es reicht vorne und hinten nicht. Das Verhältnis der zur Verfügung stehenden Mittel und der benötigten Mittel ist 1 zu 40 oder gar 50. Das gibt unser Haushalt aber leider nicht her. Und deshalb muss zumindest diese 1 Mio. zielgenau, soweit das objektiv möglich ist und für jeden nachvollziehbar ist, eingesetzt werden. Da es in der Höhe keinen weiteren Spielraum gibt kann ich diese 1 Mio. ohne Bauchschmerzen in den Haushalts-Plan einstellen.
3. Zur Städtebauförderung
Nun haben wir es in Petershagen allerdings im Gegensatz zu anderen Kommunen mit 2 zentralen Orten zu tun Petershagen und Lahde die nach der kommunalen Gebietsreform 1973 entstanden sind. Mit diesem Zusammenschluss war aber auch der Gedanke verbunden, dass sich beide Orte gleichmäßig entwickeln, das heißt im Umkehrschluss nicht in jedem Ort muss es ein Schwimmbad geben in jedem Ort muss es eine Bücherei geben In jedem Ort muss es eine Mehrzweck Halle geben oder gar ein Rathaus. Die gleichmäßige Entwicklung haben unsere Vorgänger hier in Rat und Verwaltung dadurch erreicht, dass es zwischen diesen Zentralorten immer ein Geben und ein Nehmen beziehungsweise ein Nehmen und ein Geben. Dieses einfache Prinzip sollte auch für die Zukunft gelten. Wichtig ist, das Städtebau stattfindet, das Investitionen stattfinden, denn sie sind meines Erachtens ein wichtiger Indikator dafür wie Politik und Verwaltung die Zukunft der Stadt Petershagen in den gestalterischen Blickpunkt nehmen oder kurz gesagt wie sieht man die Stadt Petershagen in der Zukunft. Nach wie vor sind die Bürgerinnen und Bürger, ja, die Menschen unserer Stadt – aller 29 Ortschaften – unser höchstes Gut. Das sollten wir bei all unseren Entscheidungen immer im Hinterkopf behalten.
4. Zur Bildung und damit zur Schullandschaft
Die Schullandschaft ist heutzutage ein wichtiger Faktor für die Ansiedlung junger Familien in der Stadt. Petershagen ist mit Gymnasium, Sekundarschule und den Grundschulen nach Neubauten, Anbauten, Umzügen und Sanierungen (einschließlich Turnhallen und Lehrschwimmbecken) in dieser Beziehung sehr gut aufgestellt. Auch die Klassen- und Fachräume entsprechen den heutigen Anforderungen. Früher auch für mich undenkbar, heute aber nicht mehr wegzudenken ist der Ganztagsbetrieb bzw. OGS, auch eine pflichtige Aufgabe der Kommune. Nachdem die notwendigen Anbauten in Lahde, Eldagsen, Frille und Windheim – jetzt gerade abgeschlossen - erfolgt sind, bleibt nun noch Friedewalde. Nach der positiven Entwicklung dieses Standortes, die Schule stand vor Jahren kurz vor dem AUS, laufen nun zurecht die Planungen für einen OGS-Anbau. Wenn alles zügig abläuft, sollte 2026 ein Bezug möglich sein. Aber: Wir müssen den Blick in die Zukunft richten und da muss allen Beteiligten, ob Politik und Verwaltung die Verantwortung für einen nachhaltigen Haushalt bewusst sein. Kurz um: Die Notwendigkeit gemeinsamer Anstrengungen muss jedem klar sein. Hier ist Transparenz und Bürgerbeteiligung ein wichtiger Baustein. Dem neuen sich konstituierende Rat im Herbst dieses Jahres nach der Kommunalwahl fällt keine leichte Aufgabe zu.
Mein Motto ist: Anpacken, Anpacken und nochmals anpacken, denn von allein passiert nichts, die gebratenen Tauben fallen nicht vom Himmel und den Kopf in den Sand stecken hilft auch nichts, ebenso wie die Hilfe von außen
Meine Damen und Herren, ein städtischer Haushalt mit all seinen Positionen findet wahrscheinlich nie die Zustimmung von einem jeden einzelnen und beinhaltet immer auch Kompromisse. Da wir keine fundamentale Oppositionspolitik betreiben, sondern konstruktiv arbeiten und offen für Gespräche sind - kann ich Ihnen zusammenfassend und sicherlich erfreulich mitteilen: Wir werden dem Haushalt zustimmen.
Ich komme nun zum Schluss meiner heutigen Ausführungen. Da konnte ich es mir nicht verkneifen Chat GPT zu fragen.
Wie sieht die Zukunft der Kommunen aus?
Antwort: Die Zukunft der Kommunen hängt stark von technologischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen ab. Es gibt einige zentrale Trends: Wie z.B. die Digitalisierung, der demographische Wandel, die Nachhaltigkeit und der Klimaschutz, die Bürgerbeteiligung oder neuen Arbeitsformen.
Als allgemeines Fazit ergibt sich:
Die Zukunft der Kommunen ist komplex aber voller Chancen
Wer sich frühzeitig strategisch ausrichtet, innovative Wege geht und die Menschen vor Ort einbindet, der kann die Zukunft positiv gestalten.
Zur guten Tradition der Haushaltsberatung gehört es auch „Dank“ zu sagen. Dank zu sagen insbesondere an die Kämmerei mit Stefan Sander an der Spitze. Aber auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachämter, die auch für Fragen jederzeit zur Verfügung standen. Ein besonderer Dank aber gilt unserem Kämmerer Stefan Sander, der sich alle Mühe gegeben hat den von ihm erstellten Haushaltsplan-Entwurf, dessen Zahlen nun mal so sind wie sie sind, den Fraktionen und dann den Fachausschussmitgliedern verständlich darzubieten.
Ich wünsche Euch und euren Familien eine schöne und gesegnete Osterzeit.
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit